Wie viel Kredit ist als Freiberufler eigentlich realistisch? Mein ehrlicher Erfahrungswert

Wenn man in der Festanstellung ist, rechnen Banken ziemlich simpel: Gehalt x, Fixkosten y, also Kreditrahmen z. Fertig. Aber als Freiberufler? Da sieht die Sache ganz anders aus.
Was ist realistisch? Was ist zu viel? Und wie kannst du das als Selbstständiger eigentlich selbst einschätzen – ohne dich zu übernehmen?

Ich bin Alex, seit mehreren Jahren freiberuflich unterwegs, und ich hab schon ein paar Kredite aufgenommen – mal zu groß, mal zu knapp. Heute weiß ich: Es gibt keine perfekte Formel, aber ein paar verdammt gute Faustregeln. Und genau die zeig ich dir in diesem Artikel.


Warum diese Frage so wichtig ist

Viele Freiberufler machen den Fehler, einfach zu schauen, was maximal möglich ist. Also: „Was gibt mir die Bank?“ statt „Was kann ich mir eigentlich leisten?“
Das Problem dabei: Wenn du zu viel aufnimmst, können schon zwei schwächere Monate reichen, um dich ins Schleudern zu bringen. Und wenn du zu wenig aufnimmst, kannst du wichtige Investitionen verpassen, die dein Business nach vorn bringen.

Deshalb geht’s nicht nur um „Wie viel krieg ich?“, sondern um „Was passt zu mir?“


Der wichtigste Faktor: Dein monatlich freier Cashflow 💰

Vergiss Umsatz. Vergiss Nettogewinn. Was zählt, ist am Ende das, was jeden Monat wirklich übrig bleibt, nachdem du:

  • deine privaten Lebenshaltungskosten bezahlt hast
  • deine betrieblichen Ausgaben gedeckt hast
  • für Steuern zurückgelegt hast (!)

Ich nenn das meinen freien Cashflow.

👉 Beispiel:

  • Einnahmen: 4.200 €
  • Betriebsausgaben: 1.200 €
  • Private Kosten: 1.600 €
  • Rücklage für Steuer: 500 €
    = Freier Cashflow: 900 €

Das ist der Spielraum, mit dem du arbeiten kannst – und nicht mehr.

Wenn du z. B. 500 € Kreditrate im Monat zahlst, hast du immer noch 400 € Puffer. Klingt gut. Wenn’s aber mal nur 2.800 € reinkommen, bist du im Minus.


Meine persönliche Empfehlung: Die 30/30/30-Regel 📐

Ich hab mir eine eigene Faustregel gebastelt – und die hat mir schon oft den Hintern gerettet:

  • Max. 30 % deines freien Cashflows sollte die monatliche Kreditrate betragen
  • Mind. 30 % des Kredits solltest du als Rücklage behalten (für Engpässe)
  • In max. 30 Monaten solltest du den Kredit zurückzahlen können (bei kleinen Krediten)

Natürlich ist das nicht immer machbar – aber wenn du dich grob daran orientierst, bist du auf der sicheren Seite.


Was Banken dir geben vs. was du dir leisten kannst

Ich hab mal testweise bei Smava und auxmoney mit meinen Daten simuliert – da hieß es:
💸 „Bis zu 25.000 € Kredit möglich!“

Klar, möglich vielleicht. Aber leistbar? Niemals.
Die Bank schaut auf deine letzten Kontoauszüge, dein Alter, dein Score – aber nicht auf dein tatsächliches Auf und Ab im Business.

Deshalb musst du ehrlicher zu dir selbst sein als die Bank es je sein wird.


Was ist also realistisch?

Ein paar Erfahrungswerte aus meiner Sicht:

  • Bis 5.000 €: Meist problemlos tragbar, wenn du halbwegs regelmäßig Einkommen hast
  • 5.000 – 15.000 €: Nur wenn du seit mindestens 1–2 Jahren stabil unterwegs bist
  • Ab 15.000 €: Nur mit Rücklagen, Plan B oder sehr konstantem Kundenstamm

Und: Je länger die Laufzeit, desto kleiner die Rate – aber desto teurer der Kredit insgesamt. Auch das musst du gegenrechnen.


Mein persönlicher Fehler (und was du daraus lernen kannst)

Ich hatte 2022 ein Projekt, für das ich spontan 10.000 € in Vorleistung gehen musste. Ich dachte: „Kein Problem, Auftrag läuft ja sicher.“ Also hab ich schnell einen Kredit aufgenommen – 24 Monate Laufzeit, 420 € Monatsrate.
Dumm nur: Der Auftrag wurde nach 3 Monaten gestoppt – Budget gestrichen. Ich hatte keine Rücklagen. Keine Alternative. Und hab ein Jahr lang jeden Monat gekämpft, um die Rate zu bedienen.

Heute weiß ich: Ich hätte lieber 5.000 aufgenommen – und den Rest über einen Dispo oder Geschäftskonto-Kreditlinie geregelt.


Fazit: Nicht der maximale Kreditrahmen ist das Ziel – sondern der richtige Betrag für dein Business. Denk langfristig, rechne pessimistisch und plane flexibel – dann kann dir ein Kredit echt den Rücken stärken.

Im nächsten Artikel will ich mir mal das Thema „Liquidität“ vornehmen – z. B.:

„Liquiditätsplanung für Freiberufler – so schaffst du’s ohne Dauerdispo“
oder
„Kredit oder Kontokorrent? Was sich als Freiberufler besser eignet“